Wann verfällt der Urlaubsanspruch?

Wann verfällt der Urlaubsanspruch?

Verpflichtung des Arbeitgebers im Zusammenhang mit der Urlaubsgewährung

Das Bundesarbeitsgericht hat nun mit seinem Urteil vom 19. Februar 2019 die Rechtsprechung des EUGH zum Verfall von Urlaubsansprüchen umgesetzt und entscheiden, dass der Arbeitgeber die Initiativlast für die Verwirklichung des Urlaubsanspruchs trage. Der EuGH hatte darauf hingewiesen, dass der Arbeitgeber „konkret und in völliger Transparenz dafür zu sorgen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage [ist], seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, indem er ihm – erforderlichenfalls förmlich – auffordert, dies zu tun“. Folglich müsse der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer klar und rechtzeitig mitteilen, dass der Urlaub am Ende des Bezugszeitraums oder eines Übertragungszeitraums verfallen wäre, wenn der Arbeitnehmer ihn nicht nehme.

In dem vom BGH zu entscheidenden Fall beschäftigte der Beklagte den Kläger vom 1. August 2001 bis zum 31. Dezember 2013 als Wissenschaftler. Mit Schreiben vom 23.10.2013 bat der Beklagte den Kläger, seinen Urlaub vor Ende des Arbeitsverhältnisses zu nehmen. Der Kläger nahm jedoch nur zwei Tage Erholungsurlaub; für die 51 nicht genommenen Urlaubstage verlangte er nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses deren Abgeltung.
Mit Erfolg: Der BGH entscheid, dass der Urlaub nur dann verfällt, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer konkret aufgefordert hat, den Urlaub zu nehmen, und ihn klar und rechtzeitig darauf hingewiesen hat, dass der Urlaub anderenfalls mit Ablauf des Urlaubsjahres oder Übertragungszeitraums erlischt. Er verwies die Sache daher zurück an das LAG München, was nun prüfen muss, ob der Arbeitgeber diese Verpflichtung erfüllt hat.

TIPP: Prüfen Sie als Arbeitgeber daher rechtzeitig, ob der Arbeitnehmer noch offene Urlaubsansprüche hat und weisen Sie ihn darauf hin, dass er den Urlaub nehmen soll, da er sonst verfällt. Nur so stellen sie sicher, dass der Urlaub verfällt und Sie im Falle einer Beendigung nicht mit hohen Urlaubsabgeltungsforderungen konfrontiert werden.

Quelle: Pressemitteilung des Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. Februar 2019 – 9 AZR 541/15 -; Vorinstanz: Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 6. Mai 2015 – 8 Sa 982/14 –

Tierwohl- ein notstandsfähiges Rechtsgut!

Tierwohl- ein notstandsfähiges Rechtsgut!

Rechtfertigender Notstand iSd § 34 StGB

Jeder Jurastudent hat sich im ersten Semester im Fach Strafrecht mit den Voraussetzungen des rechtfertigenden Notstandes iSd § 34 StGB auseinanderzusetzen. Der rechtfertigende Notstand erlaubt es, eine Straftat zu begehen um eine Gefahr von sich oder einer anderen Person abzuwenden, wenn ein Rechtsgut durch diese gegenwärtige Gefahr verletzt zu werden droht oder verletzt wird. Hier muss aber eine Abwägung der Rechtsgüter durchgeführt werden. So muss das Rechtsgut welches in Gefahr ist wesentlich höherwertiger sein, als das, welches eingeschränkt wird. So weit so gut.

Auch für das Tierwohl?

Das OLG Naumburg hat sich kürzlich in einem Urteil vom 22.02.2018 (2 Rv 157/17) mit der Frage beschäftigt, ob es einen rechtfertigenden Notstand auch für Tiere geben kann. Die Antwort ist ganz klar „Ja“. Hierzu folgender Auszug aus der Pressemitteilung des OLG Naumburg vom 22.02.2018:

„Nach den Feststellungen des Landgerichts sind die drei Angeklagten Mitglieder einer Tierschutzorganisation. Aus einem Hinweis erfuhren die Angeklagten, dass in den Stallungen eines Tierzuchtunternehmens diverse Verstöße gegen die Tierschutznutztierhaltungsverordnung vorliegen sollten. So seien insbesondere die Kastenstände für Schweine deutlich zu klein. Aus vorherigen Fällen verfügten die Angeklagten über die Erfahrung, dass eine Anzeige bei der zuständigen Behörde ohne dokumentierte Beweise nicht erfolgversprechend war. In den Nachtstunden des 29. Juni und des 11. Juli 2013 überstiegen jeweils zwei der Angeklagten die Umzäunung der Anlage und betraten über geöffnete Türen die Ställe, um dort Filmaufnahmen zu fertigen. Sie stellten Verstöße gegen die vorgeschriebenen Haltungsbedingungen fest und dokumentierten diese filmisch. Die Angeklagten handelten hierbei auf Grund ihres stark ausgeprägten Mitgefühls für Tiere mit dem Ziel, die zuständigen staatlichen Stellen dazu zu veranlassen, auf die Einhaltung der Tierschutzregeln hinzuwirken. In der Folgezeit legten sie das Filmmaterial den zuständigen Behörden vor und erstatteten Strafanzeige gegen die verantwortlichen Personen des Tierzuchtunternehmens. Im Zuge der hierdurch veranlassten behördlichen Kontrollen in den Stallungen wurden diverse Verstöße gegen die Tierschutznutztierhaltungsverordnung festgestellt.

Das Amtsgericht Haldensleben hat die Angeklagten freigesprochen. Die dagegen gerichtete Berufung der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht Magdeburg verworfen. Allerdings hätten die Angeklagten den objektiven Tatbestand des Hausfriedensbruchs erfüllt, weil sie in das befriedete Besitztum des Tierzuchtunternehmens eingedrungen seien. Die Verletzung des Hausrechts sei jedoch unter anderem unter dem Gesichtspunkt des Notstandes gerechtfertigt gewesen.

Der 2. Strafsenat hat die Revision der Staatsanwaltschaft durch Urteil vom heutigen Tage als unbegründet verworfen. Der Senat hat die vom Berufungsgericht vertretene Auffassung bestätigt, wonach rechtfertigender Notstand vorlag. Das Tierwohl stelle ein notstandsfähiges Rechtsgut dar, dem durch die von den Angeklagten dokumentierten Missstände dauerhafte Gefahr gedroht habe. Die Tat sei zur Abwendung der Gefahr erforderlich gewesen, weil mit einem Eingreifen der zuständigen Behörden nach den zuvor erzielten Erfahrungen nicht zu rechnen gewesen sei. Das von den Angeklagten geschützte Tierwohl sei im vorliegenden Fall deutlich höher zu bewerten als das verletzte Hausrecht. Dabei hat der Senat auch berücksichtigt, dass die Gefahr für das von den Angeklagten geschützte Tierwohl vom Inhaber des Hausrechtes ausgegangen war.

Die Freisprüche sind damit rechtskräftig.“

Gut so!

Ich persönlich freue mich über diese Entscheidung und kann sie sehr gut nachvollziehen. Mich wundert nur, dass die Staatsanwaltschaft gegen die freisprechenden Entscheidungen zweimal ein Rechtsmittel eingelegt hat.

Unterschied zwischen Jugendstrafrecht und Erwachsenenstrafrecht

Was ist der Unterschied zwischen Jugend­strafrecht und Erwachsenen­strafrecht?

Wenn von der Strafjustiz ein Verfahren in Gang gesetzt wird, wird geprüft, ob die beschuldigte Person ein Jugendlicher, ein Heranwachsender oder ein Erwachsener ist. Doch was ist der Grund hierfür?

Der gravierendste Unterschied ist der, dass im Jugendstrafrecht grundsätzlich der sogenannte „Erziehungsgedanke“ im Vordergrund steht, während es im Erwachsenenstrafrecht um die Tatschuld und vor allem auch um die Sühne der Tat geht. Die Straftat eines Jugendlichen wird als Ausdruck fehlender oder falscher bisheriger Entwicklung verstanden. Mit  den jugendstrafrechtlichen Sanktionsmöglichkeiten soll individuell angemessen auf den Entwicklungsstand des Täters reagiert werden. Dies bedeutet, dass das Jugendgericht eine geeignete Maßnahme zu finden hat, die dem jungen Täter hilft, seine Defizite auszugleichen, sich in die Gesellschaft zu integrieren und nicht wieder strafrechtlich in Erscheinung zu treten. Ein starrer Strafrahmen findet bei Jugendlichen keine Anwendung.

Bei Heranwachsenden (18 bis einschließlich 20 Jahre) wird geprüft, ob Jugendstrafrecht oder aber Erwachsenenstrafrecht anzuwenden ist. Gleicht der Heranwachsende in seiner Person oder seinem Handeln noch eher einem Jugendlichen soll mit den Mitteln des Jugendstrafrechts erzieherisch auf ihn eingewirkt werden. Ansonsten gilt das Erwachsenenstrafrecht.

Wir Strafverteidiger versuchen fast immer das Gericht zu überzeugen, das Jugendstrafrecht zur Anwendung zu bringen, da in aller Regel unsere Mandanten damit besser fahren.

Männlich, weiblich, neutral?

Männlich, weiblich, neutral?

In seiner Entscheidung vom 10. Oktober diesen Jahres hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts sich mit der Frage beschäftigt, ob die Regelung des Personenstandsgesetzes bezüglich der Eintragung des Geschlechts verfassungsgemäß ist.Das Gesetz sieht vor, dass für jede Person die Bezeichnung weiblich oder männlich eingetragen wird. Für Personen die keinem der beiden Geschlechter zugeordnet werden können, unterbleibt eine Eintragung. Die Beschwerdeführer haben geltend gemacht, dass diese Regelung gegen das Grundgesetz verstößt und diskriminierend wirkt. Es müsse eine positive Eintragung möglich sein, die ausweist, dass die betreffende Person dauerhaft, weder dem männlichen, noch dem weiblichen Geschlecht zuzuordnen ist.

Dieser Auffassung der Beschwerdeführer hat sich das Bundesverfassungsgericht angeschlossen. Das Bundesverfassungsgericht ist zu dem Schluss gekommen, dass die geschlechtliche Identität ein wesentlicher Aspekt für das Selbstverständnis einer Person ist. Allein durch das Weglassen eine Eintragung, sei dem Umstand, dass eine Person sich als geschlechtslos begreift, nicht ausreichend Rechnung getragen. Kurz gesagt, haben auch Personen die sich dauerhaft keinem der beiden Geschlechter zugehörig fühlen, ein Anspruch darauf, eine eigenständige Stellung innerhalb der Rechtsordnung zu haben.

Der Gesetzgeber hat nun bis zum 31.12.2018 Zeit eine Bezeichnung für ein drittes Geschlecht zu finden.

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 10.10.2017 – 1 BvR 2019/16

Die ausländerrechtliche Verwarnung: Sieg auf Zeit?

Die ausländerrechtliche Verwarnung: Sieg auf Zeit?

Die meisten Mandanten im Ausländerrecht erscheinen in der Kanzlei nachdem Sie ein Schreiben der zuständigen Ausländerbehörde erhalten haben indem Sie darauf hingewiesen werden, das die Behörde aufenthaltsbeendende Maßnahmen prüfe. Das Schreiben setzt zudem eine Frist zur Anhörung (Art. 28 BayVwVfG).

Im Klartext bedeutet dies: es droht die Ausweisung! 

Zunächst einmal ist es wichtig die Frist einzuhalten oder sie rechtzeitig verlängern zu lassen! Da die Ausländerbehörde oftmals nach Ermessen entscheidet, ob eine Ausweisung erforderlich ist, sollte in dem Antwortschreiben ausführlich zur Person, den Lebensumständen und den Ausweisungsgründen Stellung genommen werden. Sollte sich der Betroffene nicht innerhalb der Frist äußern, so wird das Verfahren fortgesetzt. Die Wahrscheinlichkeit einer Ausweisung steigt.

Sofern man, womöglich mit anwaltlicher Hilfe und nach erhaltener Akteneinsicht, Stellung genommen hat, heißt es abwarten. Die Behörde wird nun abwägen und eine Entscheidung treffen.

Eine der möglichen Entscheidungen ist die ausländerrechtliche Verwarnung. Die Ausländerbehörde nimmt hierbei ausdrücklich Abstand von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen. Insoweit ist dies also ein erfreulicher Ausgang der Angelegenheit. Bei der Verwarnung handelt es sich um einen bloßen Hinweis ohne Verwaltungsaktqualität, auf eine mögliche Reaktion der Ausländerbehörde hinsichtlich eines bestimmten künftigen Verhaltens des Ausländers.

Aber Vorsicht. Die Verwarnung hat noch eine andere Wirkung. Sie „konserviert“ sozusagen den Ausweisungsgrund für ein späteres Verfahren. Ein Ausweisungsgrund kann dem Ausländer über vier Jahre seit beispielsweise einer Verurteilung nicht mehr entgegengehalten werden. Er ist nicht mehr aktuell und damit verbraucht. Auf einen verbrauchten Ausweisungsgrund kann eine Ausweisung nicht gestützt werden. Sobald die Ausländerbehörde Kenntnis vom Vorliegen eines Ausweisungsgrundes erlangt, muss sie umgehend von Amts wegen eine Ausweisung prüfen und ein Ausweisungsverfahren zügig einleiten und durchführen. Sieht die Ausländerbehörde zunächst von einer Ausweisung ab, muss sie den Ausländer unterrichten und „verwarnen“, will sie sich den Ausweisungsgrund für eine spätere Entscheidung über den Aufenthalt vorbehalten.

Wenn nämlich die Ausländerbehörde erneut über die Erforderlichkeit einer Ausweisung zu entscheiden hat, so kann Sie diesmal argumentieren, dass keine mildere Maßnahme zur Verfügung steht, die in gleicher Weise wie die Ausweisung zwecktauglich sind, da das mildere Mittel der ausländerrechtlichen Verwarnung schon verbraucht wurde. Im Fall einer strafrechtlichen Verurteilung würde dem Ausländer dann vorgeworfen, dass er trotz der Verwarnung erneut straffällig geworden ist.

Welche Arten von Führungszeugnissen gibt es?

Welche Arten von Führungszeugnissen gibt es?

Das Bundesamt für Justiz führt ein Zentralregister und ein Erziehungsregister (Bundeszentralregister). Bei einem polizeilichen Führungszeugnis handelt es sich um einen Auszug aus dem Bundeszentralregister. Hierbei können folgende Arten von Führungszeugnissen unterschieden werden:

Führungszeugnis (für Privatpersonen)

In der Regel wird die Vorlage eines solchen Führungszeugnisses von Arbeitgebern verlangt. Nicht immer ist dies jedoch arbeitsrechtlich zulässig. Es kommt mitunter darauf an, welche Tätigkeit betroffen ist. In dieses Führungszeugnis werden nicht alle Delikte eingetragen.

Erweitertes Führungszeugnis

Seit dem 01.05.2010 gibt es auch das sog. erweiterte Führungszeugnis. Während in das „normale“ Führungszeugnis bestimmte, minder schwere Verurteilungen nicht eingetragen werden, steht im erweiterten Führungszeugnis jede Verurteilung wegen einer Sexualstraftat oder einer Straftat gegen die persönliche Freiheit, auch wenn sie „nur“ zu einer Jugendstrafe oder „nur“ zu einer begrenzten Geldstrafe geführt hat. Für andere Delikte bleibt es bei der allgemeinen Regel, dass minder schwere Verurteilungen auch im erweiterten Führungszeugnis nicht auftauchen. Das erweiterte Führungszeugnis wird sehr häufig gemäß § 72a SGB VIII zur Prüfung der persönlichen Eignung von Menschen benötigt wird, die in ihrer beruflichen oder ehrenamtlichen Tätigkeit mit Minderjährigen in Kontakt kommen. Das betrifft etwa Erzieher, Lehrer, Nachhilfelehrer, Leiter von Jugendgruppen usw.

Behördliches Führungszeugnis

Ausschließlich für Behörden gibt es das behördliche Führungszeugnis. So wird dies für Bewerbungen bei einer Behörde auf Antrag der betroffenen Person ausgestellt.

Europäisches Führungszeugnis

Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten der EU, die in Deutschland leben, kann ein Führungszeugnis erteilt werden, welches Auskunft sowohl über den Inhalt des Bundeszentralregisters als auch des Strafregisters ihres Herkunftsmitgliedstaates gibt. Das Europäische Führungszeugnis kann für eigene Zwecke (Privatführungszeugnis) oder zur Vorlage bei einer deutschen Behörde erteilt werden.

Versorgungsehe – ja oder nein?

Versorgungsehe – ja oder nein?

Unter Versorgungsehe versteht man eine Ehe, die nur durch den Wunsch der wirtschaftlichen Absicherung motiviert ist.

Das Sozialgericht Stuttgart musste sich mit der Frage auseinandersetzen, ob die überlebende Ehefrau einen Anspruch auf Witwenrente hat, obwohl die Ehe lediglich sechs Monate andauerte. Nach § 46 Abs. 2 Buchst. a SGB VI haben Hinterbliebene nur ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente, wenn die Ehe mindestens ein Jahr gedauert hat. Ausnahmen erlaubt die Vorschrift unter besonderen Umständen. In dem entschiedenen Fall waren die Eheleute zum Zeitpunkt des Todes bereits zehn Jahre lang ein Paar und hatten zusammengelebt. Zur Eheschließung entschieden sie sich allerdings erst nachdem sie wussten, dass der Ehemann lebensbedrohlich an Krebs erkrankt war. Das Gericht hat entschieden, dass in diesem Fall keine Ausnahme von der Notwendigkeit der Ehedauer von einem Jahr gemacht werden kann. Begründet hat dies das Gericht damit, dass die späteren Eheleute ganz bewusst ohne Trauschein zusammengelebt hatten. Bis zu der Diagnose wollten sie eben nicht, dass die vielfältigen gesetzlichen Regelung, die für Eheleute gelten, auch für sie gelten. Die späte Entscheidung zur Eheschließung sei lediglich durch den Wunsch begründet gewesen, dem Überlebenden die Witwenrente zu sichern.

Daran ändere – so das Sozialgericht – auch die unbestrittene Tatsache nichts, dass die Beziehung der späteren Eheleute von Liebe geprägt war. Die Entscheidung zeigt, dass man sich rechtzeitig über die Vorsorge Gedanken machen sollte. Dies gilt nicht nur im Bezug auf die wirtschaftliche Absicherung, sondern auch für Fragen, wie beispielsweise die Vorsorgevollmacht.

Sozialgericht Stuttgart, Urteil vom 20.10.2016, S 17 R 2259/14

 

Ist ein notarielles Testament „mehr wert“ als ein handschriftliches Testament?

Ist ein notarielles Testament „mehr wert“ als ein handschriftliches Testament?

Es besteht ein weit verbreiteter Glaube, dass ein notarielles Testament „mehr wert“ ist als ein handschriftliches Testament.

Hierbei handelt es sich jedoch um einen Irrglauben. Der Gesetzgeber hat bewusst verschiedene Möglichkeiten eingeräumt, seinen letzten Willen festzuhalten. Theoretisch kann ein handschriftliches Testament auf einem Bierdeckel auch ein seitenlanges notarielles Dokument außer Kraft setzen. Ein notarielles und ein handschriftliches Testament haben die gleiche Wirkung. Existieren mehrere Urkunden löst das jüngere Testament das älteren Schriftstück ab. Tauchen nach dem Tod des Erblassers also unterschiedliche Versionen des letzten Willens auf, gilt immer das Dokument, das als letztes verfasst wurde. Wichtig ist allerdings, dass das handschriftliche Papier den strengen Formvorschriften des Gesetzes genügt. Und dies stellt oft den Knackpunkt dar.

Formvorschriften für handschriftliches Testament

Wenn  z.B. der letzte Willen fein säuberlich per PC oder Maschine getippt und ausgedruckt wird, wurde kein wirksames Testament erstellt. Selbst, wenn das Dokument am Ende unterschrieben ist. Es fehlt die notwendige Voraussetzung der Handschriftlichkeit. Zu beachten sind darüber hinaus eine Reihe von weiteren Gültigkeitsvoraussetzungen.

Sicherstellung der Beachtung des Dokuments bei Versterben

Besteht die Befürchtung, dass missgünstige Abkömmlinge oder übergangene Verwandte ein für sie unvorteilhaftes Testament im Ernstfall manipulieren oder gar verschwinden lassen, gibt es die Möglichkeit, das Dokument bei einem Notar oder Gericht in Verwahrung zu geben. Es ist dadurch sichergestellt, dass der letzte Wille wirklich beachtet wird.

Tipp

Es gibt sehr viele Gestaltungsmöglichkeiten und auch praktische Tipps, die je nach individueller Situation zur Anwendung kommen sollten. Falls Sie sich unsicher sind, wie ein Testament genau zu erstellen ist, sollten Sie besser einen Anwalt oder Notar ihres Vertrauens aufsuchen, um hier Fehler zu vermeiden.

Zulassungsbescheinigung Teil I im Original oder in Kopie mitführen?

Zulassungsbescheinigung Teil I im Original oder in Kopie mitführen?

Sehr häufig wird diskutiert, ob man als Autofahrer die Zulassungsbescheinigung Teil I (Fahrzeugschein) im Original mitführen müsse oder aber ob das Mitsichführen einer Kopie ausreichend sei. Grundsätzlich beinhaltet der Fahrzeugschein eine ganze Reihe an Informationen über das jeweilige Fahrzeug, welche vom eingetragenen Halter über den genauen Fahrzeugtyp bis hin zu technischen Daten gehen. Gesetzlich geregelt ist die Frage des Mitsichführens in § 11 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV). Hier heißt es in Abs. 6: „Die Zulassungsbescheinigung Teil I oder das entsprechende Anhängerverzeichnis nach Absatz 2 ist vom jeweiligen Fahrer des Kraftfahrzeugs mitzuführen und zuständigen Personen auf Verlangen zur Prüfung auszuhändigen.“ Damit ist klar, dass das Mitsichführen einer Kopie grundsätzlich nicht ausreichend ist. Wer das Original nicht mitführt, riskiert nach § 48 Nr. 5 FZV auch ein Bußgeld i.H.v. 10 Euro.

Jetzt aber beginnt das Dilemma für viele Autofahrer: wer die Zulassungsbescheinigung Teil I achtlos im Handschuhfach belässt, riskiert im Falle eines Autodiebstahls seinen Versicherungsschutz. So hat beispielsweise das OLG Celle in einem Urteil vom 09.08.2007 (8 U 62/07) festgestellt, dass es eine grob fahrlässige Gefahrenerhöhung darstelle, wenn die Zulassungsbescheinigung im Original im Handschuhfach liege. Im konkreten Fall wurde die Versicherung trotz Diebstahls von ihrer Leistungsverpflichtung frei. In einem anders lautenden Urteil des OLG Oldenburg  vom 7.7.2010 (5 U 153/09) hingegen heißt es, dass es sich nicht um eine „grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls Entwendung“ handelt, wenn der Fahrzeugschein im Auto aufbewahrt wird. Er sollte lediglich nicht von außen sichtbar sein und dadurch auf Autodiebe einladend wirken.

Aufgrund der etwas uneinheitlichen Rechtssprechung ist es also ratsam, es nicht auf eine wohlwollende Gerichtsentscheidung ankommen zu lassen, sondern die Zulassungsbescheinigung Teil I beim Verlassen des Fahrzeugs mitzunehmen, auch wenn dies sicherlich manchmal lästig ist.

Punkte in Flensburg: Ist Punkte auf sich nehmen strafbar?

Punkte in Flensburg: Ist Punkte auf sich nehmen strafbar?

In der täglichen Praxis als Anwalt, der in Verkehrs- und Strafsachen tätig ist, wird man immer wieder gefragt, ob der Punktehandel, also Punkte in Flensburg für einen anderen zu übernehmen, strafbar sei. Folgende Fallkonstellation ist mir hierbei vor kurzem untergekommen:

Eine Mandantin, nennen wir sie mal T, wurde wegen zu schnellem Fahren geblitzt. Das Problem bei T ist, dass sie schon einige Punkte in Flensburg hat und ihr deshalb Führerscheinmaßnahmen drohen. T will deshalb dafür sorgen, dass ihre Mutter, nennen wir sie M, die Punkte auf sich nimmt, obwohl sie nicht die Fahrerin war. Sie bespricht sich deshalb mit M. M billigt diese Vorgehensweise. Im Anhörungsbogen, den T erhalten hat, gibt sie deshalb M wahrheitswidrig als Fahrerin an. Kurz darauf ergeht ein Bußgeldbescheid gegen M. M zahlt das Bußgeld, im Verkehrszentralregister in Flensburg erfolgt ein entsprechender Eintrag mit der entsprechenden Punktezahl. Haben sich M und T strafbar gemacht? 

1.) Zunächst könnte man an eine Strafbarkeit nach § 271 StGB wegen mittelbarer Falschbeurkundung denken, denn schließlich erfolgt ein Eintrag im Register bezogen auf M, obwohl diese keinen Verkehrsverstoß begangen hat. Voraussetzung  für eine Strafbarkeit nach § 271 StGB wäre allerdings, dass es sich bei dem Flensburger Register um ein „öffentliches Register“ handelt. Dies ist jedoch nicht der Fall. Bei dem Register in Flensburg handelt es sich um ein behördeninternes Register und somit gerade nicht um ein öffentliches Register.

2.) Es liegt in der von mir geschilderten Fall-Konstellation allerdings eine Straftat wegen falscher Verdächtigung gem. § 164 StGB vor. Denn dadurch, dass T im Anhörungsbogen wahrheitswidrig M als Fahrerin angab, bezichtigte sie M bei einer Behörde wider besseren Wissens einer rechtswidrigen Tat. Dies wird mit Freiheitsstrafen von bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Ich habe daher der T mitgeteilt, dass sie sich in dieser Hinsicht tatsächlich strafbar gemacht hat.

Allgemein gilt, dass man als betroffener Autofahrer niemals wahrheitswidrig eine Person als Fahrer angeben sollte. Das Risiko hierbei ertappt zu werden ist groß. Man sollte auch keinesfalls den Ermittlungsehrgeiz mancher Sachbearbeiter unterschätzen, die natürlich derartiges, rechtswidriges Handeln strikt unterbinden wollen.

Bei einer Recherche im Internet bin ich auf eine interessante Konstellation gestoßen. Deshalb möchte ich den obig skizzierten Fall wie folgt abändern:

T erhält den Anhörungsbogen. Da T noch zu Hause bei M wohnt, öffnet M im allgemeinen Einverständnis mit der T täglich die Post. M entdeckt, dass T wieder einmal zu schnell gefahren ist und füllt ohne Rücksprache mit T den Anhörungsbogen aus. Im Anhörungsbogen bezichtigt sie sich selbst als betroffene Fahrerin ohne dies der T mitzuteilen. Kurz darauf ergeht gegen M ein Bußgeldbescheid mit den entsprechenden Folgen. M erhält im Verkehrszentralregister einen Eintrag inklusive Punkte.

Bei dieser Variante liegt eine Strafbarkeit nach § 164 StGB nicht vor, da sich M – ohne Beteiligung der T – selbst falsch bezichtigt hat. Eine derartige falsche „Selbstbezichtigung“ ist straflos.

Das Kraftfahrtbundesamt hat vor etlichen Jahren dem Punktehandel bzw. der Punkteübertragung den Kampf angesagt und ca. 60 Strafanzeigen, insbesondere im Hinblick auf § 271 StGB, gestellt. Zu entsprechenden Strafen kam es allerdings aus den oben genannten Gründen nicht. Seitdem hat man nichts mehr von irgendwelchen Vorstößen in diese Richtung gehört. Es verbleibt somit bei einem nicht geschlossenem Schlupfloch.

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