Erbfolge bei Patch­work­familien: Heraus­forder­ungen und Lösungen

Erbfolge bei Patchworkfamilien: Herausforderungen und Lösungen

Die Erbfolge in Patchworkfamilien bringt komplexe rechtliche und emotionale Herausforderungen mit sich, die eine sorgfältige Planung und fundierte Beratung erfordern.

Die rechtlichen Grundlagen der Erbfolge in Patchworkfamilien

Patchworkfamilien sind ein immer häufiger auftretendes Phänomen in unserer Gesellschaft. Dabei handelt es sich um Familien, in denen Kinder aus verschiedenen Beziehungen zusammenleben. Dies bringt besondere Herausforderungen mit sich, insbesondere im Bereich des Erbrechts.

Rechtlich gesehen unterscheidet sich die Erbfolge in Patchworkfamilien nicht grundsätzlich von der in traditionellen Familien. Allerdings kann das Fehlen klarer gesetzlicher Regelungen zu Unsicherheiten führen. Es ist wichtig zu wissen, dass Stiefkinder beispielsweise kein gesetzliches Erbrecht haben, es sei denn, sie wurden adoptiert. Dies kann zu ungewollten Benachteiligungen führen, wenn keine entsprechenden Vorkehrungen getroffen werden.

Typische Herausforderungen und Konflikte bei der Erbfolge

In Patchworkfamilien können verschiedene Konflikte auftreten, die die Erbfolge betreffen. Einer der häufigsten Konflikte ist die ungleiche Verteilung des Erbes zwischen leiblichen Kindern und Stiefkindern. Auch die Frage, ob der neue Ehepartner des verstorbenen Elternteils einen Teil des Erbes erhält, kann zu Spannungen führen.

Ein weiteres Problem kann die fehlende Kommunikation innerhalb der Familie sein. Oftmals sind die Wünsche des Verstorbenen nicht klar kommuniziert oder dokumentiert worden, was zu Missverständnissen und Streitigkeiten führen kann.

Strategien zur Vermeidung von Erbstreitigkeiten in Patchworkfamilien

Um Erbstreitigkeiten in Patchworkfamilien zu vermeiden, ist eine sorgfältige und frühzeitige Planung unerlässlich. Eine klare Kommunikation der eigenen Wünsche und Vorstellungen kann bereits viele Missverständnisse im Vorfeld ausräumen.

Eine weitere wichtige Strategie ist die rechtzeitige Erstellung eines Testaments. In diesem Dokument kann genau festgelegt werden, wer was erben soll. Auch die Erstellung eines Erbvertrags kann sinnvoll sein, um klare Regelungen zu treffen und spätere Streitigkeiten zu vermeiden.

Die Rolle des Testaments und der Erbverträge

Das Testament spielt eine zentrale Rolle bei der Regelung der Erbfolge. In einem Testament kann der Erblasser genau festlegen, wie sein Vermögen nach seinem Tod verteilt werden soll. Dies ist besonders wichtig in Patchworkfamilien, um sicherzustellen, dass alle Familienmitglieder entsprechend ihren Wünschen berücksichtigt werden.

Ein Erbvertrag ist eine weitere Möglichkeit, die Erbfolge zu regeln. In einem Erbvertrag können Vereinbarungen getroffen werden, die auch nach dem Tod des Erblassers bindend sind. Dies kann helfen, spätere Streitigkeiten zu vermeiden und für Klarheit zu sorgen.

Hier erfahren Sie mehr über den Unterschied zwischen Testament und Erbvertrag.

Wichtige rechtliche Beratungsstellen und Ressourcen

Bei Fragen zur Erbfolge in Patchworkfamilien ist es ratsam, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Anwälte, die auf Erbrecht spezialisiert sind, können wertvolle Informationen und Unterstützung bieten.

Auch Notare können bei der Erstellung von Testamenten und Erbverträgen behilflich sein. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Organisationen und Beratungsstellen, die Informationen und Unterstützung zum Thema Erbrecht anbieten, wie beispielsweise die Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e.V. (DVEV).

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Mythen und Miss­ver­ständ­nisse im Straf­recht: Auf­klärung für Mandanten

Mythen und Missverständnisse im Strafrecht: Aufklärung für Mandanten

Das Strafrecht ist ein komplexes und oft missverstandenes Rechtsgebiet. Viele Menschen haben Vorurteile oder falsche Vorstellungen darüber, wie das Strafrecht funktioniert und welche Rechte sie haben. In diesem Artikel möchten wir einige der häufigsten Mythen und Missverständnisse aufklären:

Mythos 1:
„Ein Strafverteidiger ist nur nötig, wenn ich bereits angeklagt bin.“

Viele glauben, dass sie erst einen Verteidiger benötigen, wenn sie bereits in ein Strafverfahren verwickelt sind. Tatsächlich ist es jedoch ratsam, sich bereits bei ersten Anzeichen von Problemen rechtlichen Rat einzuholen. Ein möglichst früh eingeschalteter Verteidiger kann helfen, die Situation zu klären, und rechtzeitig in das Ermittlungsverfahren eingreifen, um eine Anklage zu vermeiden.

Mythos 2:
„Wenn ich unschuldig bin, brauche ich keinen Verteidiger.“

Es ist ein weit verbreiteter Irrglaube, dass Unschuldige keinen Strafverteidiger benötigen. Auch Unschuldige können in ein Ermittlungs-/Strafverfahren verwickelt werden, und ein Verteidiger kann entscheidend dazu beitragen, die eigenen Rechte zu wahren, die bestmögliche Verteidigung aufzubauen und die Einstellung des Ermittlungsverfahrens oder einen Freispruch im Strafverfahren zu erreichen.

Mythos 3:
„Die Polizei kann mich ohne Grund festnehmen.“

Ein weiteres Missverständnis ist, dass die Polizei jeden ohne Grund festnehmen kann. Tatsächlich benötigt die Polizei einen begründeten Tatverdacht der Beteiligung an einer Straftat, um eine Festnahme durchzuführen. Es ist wichtig, die eigenen Rechte zu kennen und zu wissen, dass man das Recht hat, nach dem Grund der Festnahme zu fragen und sofort einen Strafverteidiger zu kontaktieren.

Mythos 4:
„Ein Geständnis ist immer die beste Verteidigung.“

Viele Menschen glauben, dass ein Geständnis die beste Möglichkeit ist, um ein Verfahren zu beenden. In Wirklichkeit hat ein Geständnis jedoch schwerwiegende rechtliche Konsequenzen und kann dazu führen, dass man sich mit einem wesentlich größeren Tatvorwurf als dem anfänglichen Verdacht konfrontiert sieht. Auch gilt es zu beachten, dass dies schon für ein „informatorisches Gespräch“ mit der Polizei ohne Unterschrift unter ein Vernehmungsprotokoll gilt. Es ist wichtig, sich vor einem Geständnis, am besten schon vor einem Gespräch mit der Polizei, von einem Fachanwalt für Strafrecht beraten zu lassen, um die möglichen Folgen zu verstehen.

Mythos 5:
„Strafverfahren sind immer öffentlich.“

Obwohl Strafverfahren grundsätzlich öffentlich sind, gibt es auch Ausnahmen. In bestimmten Fällen, wie bei minderjährigen Beschuldigten, ist die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Auch kann in öffentlichen Verfahren bei besonders sensiblen Themen, beispielsweise der der Behandlung höchstpersönlicher Umstände der/des Angeklagten oder der Vernehmung traumatisierter Zeugen, die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden. Ein Verteidiger oder Zeugenbeistand hilft hier, die Rechte der Betroffenen zu wahren.
 
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Unterhalt – Bald alles anders?

Unterhalt – Bald alles anders?

Ende 2023 wurde die Reform des Unterhaltsrechts angestoßen. Ziel sollte es sein das Unterhaltsrecht fairer zu gestalten und den geänderten Lebensverhältnissen anzupassen.

Besonders jene Fälle sollten berücksichtigt werden, in denen beide Elternteile nach einer Trennung wesentliche Betreuungsleistungen erbringen. Für diese Fälle gibt es im Moment keine klare gesetzliche Regelung und die Gerichte bewerten die Betreuungsleistung unterschiedlich.

Zentraler Punkt soll die Reform des Kindesunterhalts werden. Ein Schwerpunkt liegt auf der gerechteren Verteilung der Unterhaltslasten in Fällen, wo ein Elternteil substanzielle Betreuungsleistungen erbringt, aber weniger als die Hälfte der Betreuung übernimmt (asymmetrisches Wechselmodell). Hier sollen klare Regeln geschaffen werden, die unter anderem den Betreuungsanteil auf Basis der Anzahl der Übernachtungen beim jeweiligen Elternteil berechnen. Außerdem soll auch die Betreuung tagsüber stärker berücksichtigt werden.

Für das klassische Residenzmodell, bei dem ein Elternteil fast vollständig die Betreuung übernimmt, sowie das symmetrische Wechselmodell, bei dem die Betreuung gleichmäßig aufgeteilt ist, soll die gesetzliche Regelung im Grundsatz so bleiben, wie sie aktuell gehandhabt wird.

Ein weiterer wichtiger Punkt betrifft den Betreuungsunterhalt. Hier sollen verheiratete und unverheiratete Eltern gleichgestellt werden, sodass unverheiratete Elternteile, die die Hauptbetreuung übernehmen, einen besseren rechtlichen Schutz erhalten.

Allerdings befindet sich das Reformvorhaben noch in der Diskussion und es liegt bisher kein konkreter Gesetzentwurf vor. Es wird erwartet, dass die Umsetzung des neuen Unterhaltsrechts einige Zeit in Anspruch nehmen wird, da es komplizierte Berechnungen und Anpassungen bei der Ermittlung der Betreuungsanteile mit sich bringt.

Es bleibt also spannend …

Wann verfällt der Urlaubsanspruch?

Wann verfällt der Urlaubsanspruch?

Verpflichtung des Arbeitgebers im Zusammenhang mit der Urlaubsgewährung

Das Bundesarbeitsgericht hat nun mit seinem Urteil vom 19. Februar 2019 die Rechtsprechung des EUGH zum Verfall von Urlaubsansprüchen umgesetzt und entscheiden, dass der Arbeitgeber die Initiativlast für die Verwirklichung des Urlaubsanspruchs trage. Der EuGH hatte darauf hingewiesen, dass der Arbeitgeber „konkret und in völliger Transparenz dafür zu sorgen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage [ist], seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, indem er ihm – erforderlichenfalls förmlich – auffordert, dies zu tun“. Folglich müsse der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer klar und rechtzeitig mitteilen, dass der Urlaub am Ende des Bezugszeitraums oder eines Übertragungszeitraums verfallen wäre, wenn der Arbeitnehmer ihn nicht nehme.

In dem vom BGH zu entscheidenden Fall beschäftigte der Beklagte den Kläger vom 1. August 2001 bis zum 31. Dezember 2013 als Wissenschaftler. Mit Schreiben vom 23.10.2013 bat der Beklagte den Kläger, seinen Urlaub vor Ende des Arbeitsverhältnisses zu nehmen. Der Kläger nahm jedoch nur zwei Tage Erholungsurlaub; für die 51 nicht genommenen Urlaubstage verlangte er nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses deren Abgeltung.
Mit Erfolg: Der BGH entscheid, dass der Urlaub nur dann verfällt, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer konkret aufgefordert hat, den Urlaub zu nehmen, und ihn klar und rechtzeitig darauf hingewiesen hat, dass der Urlaub anderenfalls mit Ablauf des Urlaubsjahres oder Übertragungszeitraums erlischt. Er verwies die Sache daher zurück an das LAG München, was nun prüfen muss, ob der Arbeitgeber diese Verpflichtung erfüllt hat.

TIPP: Prüfen Sie als Arbeitgeber daher rechtzeitig, ob der Arbeitnehmer noch offene Urlaubsansprüche hat und weisen Sie ihn darauf hin, dass er den Urlaub nehmen soll, da er sonst verfällt. Nur so stellen sie sicher, dass der Urlaub verfällt und Sie im Falle einer Beendigung nicht mit hohen Urlaubsabgeltungsforderungen konfrontiert werden.

Quelle: Pressemitteilung des Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. Februar 2019 – 9 AZR 541/15 -; Vorinstanz: Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 6. Mai 2015 – 8 Sa 982/14 –

Tierwohl- ein notstandsfähiges Rechtsgut!

Tierwohl- ein notstandsfähiges Rechtsgut!

Rechtfertigender Notstand iSd § 34 StGB

Jeder Jurastudent hat sich im ersten Semester im Fach Strafrecht mit den Voraussetzungen des rechtfertigenden Notstandes iSd § 34 StGB auseinanderzusetzen. Der rechtfertigende Notstand erlaubt es, eine Straftat zu begehen um eine Gefahr von sich oder einer anderen Person abzuwenden, wenn ein Rechtsgut durch diese gegenwärtige Gefahr verletzt zu werden droht oder verletzt wird. Hier muss aber eine Abwägung der Rechtsgüter durchgeführt werden. So muss das Rechtsgut welches in Gefahr ist wesentlich höherwertiger sein, als das, welches eingeschränkt wird. So weit so gut.

Auch für das Tierwohl?

Das OLG Naumburg hat sich kürzlich in einem Urteil vom 22.02.2018 (2 Rv 157/17) mit der Frage beschäftigt, ob es einen rechtfertigenden Notstand auch für Tiere geben kann. Die Antwort ist ganz klar „Ja“. Hierzu folgender Auszug aus der Pressemitteilung des OLG Naumburg vom 22.02.2018:

„Nach den Feststellungen des Landgerichts sind die drei Angeklagten Mitglieder einer Tierschutzorganisation. Aus einem Hinweis erfuhren die Angeklagten, dass in den Stallungen eines Tierzuchtunternehmens diverse Verstöße gegen die Tierschutznutztierhaltungsverordnung vorliegen sollten. So seien insbesondere die Kastenstände für Schweine deutlich zu klein. Aus vorherigen Fällen verfügten die Angeklagten über die Erfahrung, dass eine Anzeige bei der zuständigen Behörde ohne dokumentierte Beweise nicht erfolgversprechend war. In den Nachtstunden des 29. Juni und des 11. Juli 2013 überstiegen jeweils zwei der Angeklagten die Umzäunung der Anlage und betraten über geöffnete Türen die Ställe, um dort Filmaufnahmen zu fertigen. Sie stellten Verstöße gegen die vorgeschriebenen Haltungsbedingungen fest und dokumentierten diese filmisch. Die Angeklagten handelten hierbei auf Grund ihres stark ausgeprägten Mitgefühls für Tiere mit dem Ziel, die zuständigen staatlichen Stellen dazu zu veranlassen, auf die Einhaltung der Tierschutzregeln hinzuwirken. In der Folgezeit legten sie das Filmmaterial den zuständigen Behörden vor und erstatteten Strafanzeige gegen die verantwortlichen Personen des Tierzuchtunternehmens. Im Zuge der hierdurch veranlassten behördlichen Kontrollen in den Stallungen wurden diverse Verstöße gegen die Tierschutznutztierhaltungsverordnung festgestellt.

Das Amtsgericht Haldensleben hat die Angeklagten freigesprochen. Die dagegen gerichtete Berufung der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht Magdeburg verworfen. Allerdings hätten die Angeklagten den objektiven Tatbestand des Hausfriedensbruchs erfüllt, weil sie in das befriedete Besitztum des Tierzuchtunternehmens eingedrungen seien. Die Verletzung des Hausrechts sei jedoch unter anderem unter dem Gesichtspunkt des Notstandes gerechtfertigt gewesen.

Der 2. Strafsenat hat die Revision der Staatsanwaltschaft durch Urteil vom heutigen Tage als unbegründet verworfen. Der Senat hat die vom Berufungsgericht vertretene Auffassung bestätigt, wonach rechtfertigender Notstand vorlag. Das Tierwohl stelle ein notstandsfähiges Rechtsgut dar, dem durch die von den Angeklagten dokumentierten Missstände dauerhafte Gefahr gedroht habe. Die Tat sei zur Abwendung der Gefahr erforderlich gewesen, weil mit einem Eingreifen der zuständigen Behörden nach den zuvor erzielten Erfahrungen nicht zu rechnen gewesen sei. Das von den Angeklagten geschützte Tierwohl sei im vorliegenden Fall deutlich höher zu bewerten als das verletzte Hausrecht. Dabei hat der Senat auch berücksichtigt, dass die Gefahr für das von den Angeklagten geschützte Tierwohl vom Inhaber des Hausrechtes ausgegangen war.

Die Freisprüche sind damit rechtskräftig.“

Gut so!

Ich persönlich freue mich über diese Entscheidung und kann sie sehr gut nachvollziehen. Mich wundert nur, dass die Staatsanwaltschaft gegen die freisprechenden Entscheidungen zweimal ein Rechtsmittel eingelegt hat.

Unterschied zwischen Jugendstrafrecht und Erwachsenenstrafrecht

Was ist der Unterschied zwischen Jugend­strafrecht und Erwachsenen­strafrecht?

Wenn von der Strafjustiz ein Verfahren in Gang gesetzt wird, wird geprüft, ob die beschuldigte Person ein Jugendlicher, ein Heranwachsender oder ein Erwachsener ist. Doch was ist der Grund hierfür?

Der gravierendste Unterschied ist der, dass im Jugendstrafrecht grundsätzlich der sogenannte „Erziehungsgedanke“ im Vordergrund steht, während es im Erwachsenenstrafrecht um die Tatschuld und vor allem auch um die Sühne der Tat geht. Die Straftat eines Jugendlichen wird als Ausdruck fehlender oder falscher bisheriger Entwicklung verstanden. Mit  den jugendstrafrechtlichen Sanktionsmöglichkeiten soll individuell angemessen auf den Entwicklungsstand des Täters reagiert werden. Dies bedeutet, dass das Jugendgericht eine geeignete Maßnahme zu finden hat, die dem jungen Täter hilft, seine Defizite auszugleichen, sich in die Gesellschaft zu integrieren und nicht wieder strafrechtlich in Erscheinung zu treten. Ein starrer Strafrahmen findet bei Jugendlichen keine Anwendung.

Bei Heranwachsenden (18 bis einschließlich 20 Jahre) wird geprüft, ob Jugendstrafrecht oder aber Erwachsenenstrafrecht anzuwenden ist. Gleicht der Heranwachsende in seiner Person oder seinem Handeln noch eher einem Jugendlichen soll mit den Mitteln des Jugendstrafrechts erzieherisch auf ihn eingewirkt werden. Ansonsten gilt das Erwachsenenstrafrecht.

Wir Strafverteidiger versuchen fast immer das Gericht zu überzeugen, das Jugendstrafrecht zur Anwendung zu bringen, da in aller Regel unsere Mandanten damit besser fahren.

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Männlich, weiblich, neutral?

Männlich, weiblich, neutral?

In seiner Entscheidung vom 10. Oktober diesen Jahres hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts sich mit der Frage beschäftigt, ob die Regelung des Personenstandsgesetzes bezüglich der Eintragung des Geschlechts verfassungsgemäß ist.Das Gesetz sieht vor, dass für jede Person die Bezeichnung weiblich oder männlich eingetragen wird. Für Personen die keinem der beiden Geschlechter zugeordnet werden können, unterbleibt eine Eintragung. Die Beschwerdeführer haben geltend gemacht, dass diese Regelung gegen das Grundgesetz verstößt und diskriminierend wirkt. Es müsse eine positive Eintragung möglich sein, die ausweist, dass die betreffende Person dauerhaft, weder dem männlichen, noch dem weiblichen Geschlecht zuzuordnen ist.

Dieser Auffassung der Beschwerdeführer hat sich das Bundesverfassungsgericht angeschlossen. Das Bundesverfassungsgericht ist zu dem Schluss gekommen, dass die geschlechtliche Identität ein wesentlicher Aspekt für das Selbstverständnis einer Person ist. Allein durch das Weglassen eine Eintragung, sei dem Umstand, dass eine Person sich als geschlechtslos begreift, nicht ausreichend Rechnung getragen. Kurz gesagt, haben auch Personen die sich dauerhaft keinem der beiden Geschlechter zugehörig fühlen, ein Anspruch darauf, eine eigenständige Stellung innerhalb der Rechtsordnung zu haben.

Der Gesetzgeber hat nun bis zum 31.12.2018 Zeit eine Bezeichnung für ein drittes Geschlecht zu finden.

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 10.10.2017 – 1 BvR 2019/16

Die ausländerrechtliche Verwarnung: Sieg auf Zeit?

Die ausländerrechtliche Verwarnung: Sieg auf Zeit?

Die meisten Mandanten im Ausländerrecht erscheinen in der Kanzlei nachdem Sie ein Schreiben der zuständigen Ausländerbehörde erhalten haben indem Sie darauf hingewiesen werden, das die Behörde aufenthaltsbeendende Maßnahmen prüfe. Das Schreiben setzt zudem eine Frist zur Anhörung (Art. 28 BayVwVfG).

Im Klartext bedeutet dies: es droht die Ausweisung! 

Zunächst einmal ist es wichtig die Frist einzuhalten oder sie rechtzeitig verlängern zu lassen! Da die Ausländerbehörde oftmals nach Ermessen entscheidet, ob eine Ausweisung erforderlich ist, sollte in dem Antwortschreiben ausführlich zur Person, den Lebensumständen und den Ausweisungsgründen Stellung genommen werden. Sollte sich der Betroffene nicht innerhalb der Frist äußern, so wird das Verfahren fortgesetzt. Die Wahrscheinlichkeit einer Ausweisung steigt.

Sofern man, womöglich mit anwaltlicher Hilfe und nach erhaltener Akteneinsicht, Stellung genommen hat, heißt es abwarten. Die Behörde wird nun abwägen und eine Entscheidung treffen.

Eine der möglichen Entscheidungen ist die ausländerrechtliche Verwarnung. Die Ausländerbehörde nimmt hierbei ausdrücklich Abstand von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen. Insoweit ist dies also ein erfreulicher Ausgang der Angelegenheit. Bei der Verwarnung handelt es sich um einen bloßen Hinweis ohne Verwaltungsaktqualität, auf eine mögliche Reaktion der Ausländerbehörde hinsichtlich eines bestimmten künftigen Verhaltens des Ausländers.

Aber Vorsicht. Die Verwarnung hat noch eine andere Wirkung. Sie „konserviert“ sozusagen den Ausweisungsgrund für ein späteres Verfahren. Ein Ausweisungsgrund kann dem Ausländer über vier Jahre seit beispielsweise einer Verurteilung nicht mehr entgegengehalten werden. Er ist nicht mehr aktuell und damit verbraucht. Auf einen verbrauchten Ausweisungsgrund kann eine Ausweisung nicht gestützt werden. Sobald die Ausländerbehörde Kenntnis vom Vorliegen eines Ausweisungsgrundes erlangt, muss sie umgehend von Amts wegen eine Ausweisung prüfen und ein Ausweisungsverfahren zügig einleiten und durchführen. Sieht die Ausländerbehörde zunächst von einer Ausweisung ab, muss sie den Ausländer unterrichten und „verwarnen“, will sie sich den Ausweisungsgrund für eine spätere Entscheidung über den Aufenthalt vorbehalten.

Wenn nämlich die Ausländerbehörde erneut über die Erforderlichkeit einer Ausweisung zu entscheiden hat, so kann Sie diesmal argumentieren, dass keine mildere Maßnahme zur Verfügung steht, die in gleicher Weise wie die Ausweisung zwecktauglich sind, da das mildere Mittel der ausländerrechtlichen Verwarnung schon verbraucht wurde. Im Fall einer strafrechtlichen Verurteilung würde dem Ausländer dann vorgeworfen, dass er trotz der Verwarnung erneut straffällig geworden ist.

Welche Arten von Führungszeugnissen gibt es?

Welche Arten von Führungszeugnissen gibt es?

Das Bundesamt für Justiz führt ein Zentralregister und ein Erziehungsregister (Bundeszentralregister). Bei einem polizeilichen Führungszeugnis handelt es sich um einen Auszug aus dem Bundeszentralregister. Hierbei können folgende Arten von Führungszeugnissen unterschieden werden:

Führungszeugnis (für Privatpersonen)

In der Regel wird die Vorlage eines solchen Führungszeugnisses von Arbeitgebern verlangt. Nicht immer ist dies jedoch arbeitsrechtlich zulässig. Es kommt mitunter darauf an, welche Tätigkeit betroffen ist. In dieses Führungszeugnis werden nicht alle Delikte eingetragen.

Erweitertes Führungszeugnis

Seit dem 01.05.2010 gibt es auch das sog. erweiterte Führungszeugnis. Während in das „normale“ Führungszeugnis bestimmte, minder schwere Verurteilungen nicht eingetragen werden, steht im erweiterten Führungszeugnis jede Verurteilung wegen einer Sexualstraftat oder einer Straftat gegen die persönliche Freiheit, auch wenn sie „nur“ zu einer Jugendstrafe oder „nur“ zu einer begrenzten Geldstrafe geführt hat. Für andere Delikte bleibt es bei der allgemeinen Regel, dass minder schwere Verurteilungen auch im erweiterten Führungszeugnis nicht auftauchen. Das erweiterte Führungszeugnis wird sehr häufig gemäß § 72a SGB VIII zur Prüfung der persönlichen Eignung von Menschen benötigt wird, die in ihrer beruflichen oder ehrenamtlichen Tätigkeit mit Minderjährigen in Kontakt kommen. Das betrifft etwa Erzieher, Lehrer, Nachhilfelehrer, Leiter von Jugendgruppen usw.

Behördliches Führungszeugnis

Ausschließlich für Behörden gibt es das behördliche Führungszeugnis. So wird dies für Bewerbungen bei einer Behörde auf Antrag der betroffenen Person ausgestellt.

Europäisches Führungszeugnis

Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten der EU, die in Deutschland leben, kann ein Führungszeugnis erteilt werden, welches Auskunft sowohl über den Inhalt des Bundeszentralregisters als auch des Strafregisters ihres Herkunftsmitgliedstaates gibt. Das Europäische Führungszeugnis kann für eigene Zwecke (Privatführungszeugnis) oder zur Vorlage bei einer deutschen Behörde erteilt werden.

Versorgungsehe – ja oder nein?

Versorgungsehe – ja oder nein?

Unter Versorgungsehe versteht man eine Ehe, die nur durch den Wunsch der wirtschaftlichen Absicherung motiviert ist.

Das Sozialgericht Stuttgart musste sich mit der Frage auseinandersetzen, ob die überlebende Ehefrau einen Anspruch auf Witwenrente hat, obwohl die Ehe lediglich sechs Monate andauerte. Nach § 46 Abs. 2 Buchst. a SGB VI haben Hinterbliebene nur ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente, wenn die Ehe mindestens ein Jahr gedauert hat. Ausnahmen erlaubt die Vorschrift unter besonderen Umständen. In dem entschiedenen Fall waren die Eheleute zum Zeitpunkt des Todes bereits zehn Jahre lang ein Paar und hatten zusammengelebt. Zur Eheschließung entschieden sie sich allerdings erst nachdem sie wussten, dass der Ehemann lebensbedrohlich an Krebs erkrankt war. Das Gericht hat entschieden, dass in diesem Fall keine Ausnahme von der Notwendigkeit der Ehedauer von einem Jahr gemacht werden kann. Begründet hat dies das Gericht damit, dass die späteren Eheleute ganz bewusst ohne Trauschein zusammengelebt hatten. Bis zu der Diagnose wollten sie eben nicht, dass die vielfältigen gesetzlichen Regelung, die für Eheleute gelten, auch für sie gelten. Die späte Entscheidung zur Eheschließung sei lediglich durch den Wunsch begründet gewesen, dem Überlebenden die Witwenrente zu sichern.

Daran ändere – so das Sozialgericht – auch die unbestrittene Tatsache nichts, dass die Beziehung der späteren Eheleute von Liebe geprägt war. Die Entscheidung zeigt, dass man sich rechtzeitig über die Vorsorge Gedanken machen sollte. Dies gilt nicht nur im Bezug auf die wirtschaftliche Absicherung, sondern auch für Fragen, wie beispielsweise die Vorsorgevollmacht.

Sozialgericht Stuttgart, Urteil vom 20.10.2016, S 17 R 2259/14