Was ist eine Formalbeleidigung?
Im deutschen Strafrecht ist die Beleidigung nach § 185 StGB eines der zentralen Delikte, die den Schutz der persönlichen Ehre garantieren. Innerhalb dieses Tatbestandes gibt es verschiedene Kategorien von beleidigenden Äußerungen, darunter die sogenannte „Formalbeleidigung“. In diesem Blogbeitrag erkläre ich, was eine Formalbeleidigung ist, und demonstriere dies anhand des oft zitierten Beispiels „Hurensohn“.
1.) Der Grundsatz: Was ist eine Beleidigung?
Beleidigung ist jede „Kundgabe der Missachtung oder Nichtachtung“ einer Person, die geeignet ist, deren persönliche Ehre zu verletzen. Ob eine Äußerung strafbar ist, hängt jedoch nicht nur von der Wortwahl, sondern auch vom Kontext ab.
Das bedeutet: In manchen Fällen kann eine zunächst beleidigend erscheinende Aussage, wenn sie in einem bestimmten Kontext gemacht wurde (z. B. in einer hitzigen politischen Diskussion), gerechtfertigt sein. Das ist besonders relevant bei Abwägungen zwischen der Meinungsfreiheit und dem Ehrschutz.
Eine Formalbeleidigung stellt dabei eine Ausnahme dar.
2.) Die Formalbeleidigung: Ehrverletzung ohne Kontext
Der Begriff der Formalbeleidigung bezeichnet eine Äußerung, die so grob ehrverletzend ist, dass eine genauere Untersuchung des Kontextes oder der Umstände überflüssig wird. Die Ehrverletzung ist bereits durch die Wortwahl so offensichtlich, dass sie in nahezu jedem denkbaren Zusammenhang strafbar wäre.
Formalbeleidigungen sind häufig geprägt durch:
- Unflätige, vulgäre Ausdrücke
- Begriffe mit eindeutig ehrverletzender Bedeutung
- Eine Herabwürdigung der Person ohne jegliche sachliche Auseinandersetzung.
3.) Das Beispiel: „Hurensohn“
Ein klassisches Beispiel für eine Formalbeleidigung ist das Schimpfwort „Hurensohn“.
Wortbedeutung und Wirkung
Der Begriff „Hurensohn“ zielt darauf ab, die betroffene Person in besonders abwertender Weise zu beleidigen. Er enthält nicht nur eine Verunglimpfung der angesprochenen Person, sondern zusätzlich eine Beleidigung der Mutter – eine doppelte Herabsetzung, die mit gesellschaftlich stark negativ besetzten Begriffen spielt.
Fehlende sachliche Auseinandersetzung
Anders als bei einer möglicherweise gerechtfertigten Meinungsäußerung, die sich etwa kritisch mit einer Handlung oder einem Verhalten auseinandersetzt, fehlt bei der Verwendung dieses Begriffs jede sachliche Ebene. Die Aussage verfolgt einzig das Ziel, zu diffamieren und die Ehre zu verletzen. Selbst wenn sich die Äußerung gegen den tatsächlichen Sohn einer Hure wendet und somit die Bezeichnung den tatsächlichen Verhältnissen entspricht, ist die Äußerung strafbar.
Rechtsprechung zum Begriff „Hurensohn“
Deutsche Gerichte haben wiederholt entschieden, dass „Hurensohn“ eine Formalbeleidigung darstellt. In einem Urteil des Amtsgerichts München (Az. 821 Ds 274 Js 120288/19) wurde beispielsweise bestätigt, dass der Begriff unabhängig vom Kontext eine schwere Beleidigung darstellt. Auch der Bundesgerichtshof (BGH) hat in mehreren Entscheidungen klargestellt, dass solche groben Schmähungen regelmäßig strafbar sind.
Warum ist der Kontext hier unerheblich?
Während bei anderen Beleidigungen die Umstände entscheidend sein können – etwa ob die Aussage im Affekt, in einem Streitgespräch oder als Reaktion auf eine Provokation erfolgte –, spielt der Kontext bei einer Formalbeleidigung kaum eine Rolle. Die Wortwahl allein erfüllt bereits die Merkmale der Beleidigung. Selbst wenn die Aussage in einer hitzigen Diskussion oder im privaten Umfeld fällt, ist sie regelmäßig nicht durch die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) gedeckt.
3.) Konsequenzen im Strafrecht
Wer eine Formalbeleidigung wie „Hurensohn“ äußert, muss mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen. Möglich sind:
- Geldstrafe: Häufig wird eine Geldstrafe in Tagessätzen verhängt. Die Höhe richtet sich nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters.
- Freiheitsstrafe: In schwerwiegenden Fällen kann sogar eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr verhängt werden.
- Darüber hinaus besteht für die betroffene Person die Möglichkeit, zivilrechtliche Ansprüche geltend zu machen, beispielsweise auf Schmerzensgeld.
Mein Rat als Fachanwalt für Strafrecht:
Wer mit beleidigenden Äußerungen konfrontiert wird – sei es im Alltag, in den sozialen Medien oder anderswo –, sollte die Situation genau prüfen und gegebenenfalls rechtliche Schritte einleiten. Die persönliche Ehre ist ein geschütztes Gut, und das Strafrecht bietet wirksame Möglichkeiten, sich gegen derartige Angriffe zu wehren.
Als Fachanwalt für Strafrecht bin ich insbesondere für die Rechtsgebiete Betäubungsmittelstrafrecht, Kapitalstrafrecht, Wirtschaftsstrafrecht, Verkehrsstrafrecht, Ordnungswidrigkeitenrecht und Jugendstrafrecht ein kompetenter Ansprechpartner, der Ihnen zu Ihrem Recht verhilft. Ein weiterer Schwerpunkt meiner Tätigkeit in unserer Anwaltskanzlei ist Verkehrsrecht.