„Will ich wirklich wissen, ob mein Mandant unschuldig ist?“ – Reflexionen eines Strafverteidigers
Als Strafverteidiger stehe ich oft vor einer faszinierenden und zugleich herausfordernden Frage: Möchte ich wirklich wissen, ob mein Mandant unschuldig ist? Diese Überlegung prägt meine Arbeit tiefgehend und beeinflusst, wie ich mit meinen Fällen und Mandanten umgehe. Es ist ein Dilemma, das sowohl ethische als auch praktische Aspekte umfasst, und das mich immer wieder zum Nachdenken anregt.
Warum ich die Wahrheit kennen möchte
Es gibt Situationen, in denen ich mir wünsche, die Wahrheit über die Schuld oder Unschuld meines Mandanten zu erfahren. Wenn ich weiß, dass mein Mandant unschuldig ist, kann ich meine Verteidigungsstrategie gezielt darauf ausrichten, diese Unschuld zu beweisen. Es gibt mir die Möglichkeit, alle meine Energie und Ressourcen darauf zu konzentrieren, das Gericht von dieser Wahrheit zu überzeugen.
Auf der anderen Seite empfinde ich eine Verantwortung gegenüber dem Rechtsstaat und meinen eigenen moralischen Prinzipien. Ich möchte sicherstellen, dass meine Arbeit im Einklang mit meinen ethischen Überzeugungen steht. Die Wahrheit zu kennen, gibt mir das Gefühl, auf festem Boden zu stehen und keine moralischen Kompromisse eingehen zu müssen.
Warum ich die Wahrheit lieber nicht wissen möchte
Gleichzeitig gibt es Momente, in denen ich froh bin, nicht genau zu wissen, ob mein Mandant schuldig ist oder nicht. Diese Unkenntnis ermöglicht es mir, unvoreingenommen zu bleiben und mich vollständig auf die Fakten und Beweise zu konzentrieren. Das Wissen um die Schuld könnte meine Objektivität beeinträchtigen – vielleicht würde ich unbewusst weniger leidenschaftlich verteidigen, wenn ich von der Schuld überzeugt wäre.
Es gibt auch eine psychologische Dimension. Das Wissen, dass ein Mandant schuldig ist, könnte emotional belastend sein. Es stellt mich vor innere Konflikte und zwingt mich, mit meiner Rolle als Anwalt und Mensch auseinanderzusetzen. Diese Unsicherheit schützt mich ein Stück weit vor solchen Belastungen.
Mein Balanceakt
Für mich gibt es keinen richtigen oder falschen Weg, diese Frage zu beantworten. Es ist ein Balanceakt, bei dem ich versuche, meine professionelle Verantwortung, meine moralischen Werte und meine menschliche Seite miteinander zu vereinen. Ich sehe meine Aufgabe darin, jedem Mandanten die bestmögliche Verteidigung zu bieten, unabhängig davon, ob ich die Wahrheit kenne oder nicht.
Letztlich ist dieser Beruf geprägt von genau solchen Herausforderungen – ethische Fragen, emotionale Spannungen und die ständige Suche nach Gerechtigkeit. Es ist nicht immer einfach, aber es ist diese Komplexität, die meine Arbeit bereichert und mich jeden Tag aufs Neue motiviert.
Als Fachanwalt für Strafrecht in Augsburg bin ich insbesondere für folgende Bereiche im Strafrecht tätig: Betäubungsmittelstrafrecht, Kapitalstrafrecht, Wirtschaftsstrafrecht, Verkehrsstrafrecht, Ordnungswidrigkeitenrecht und Jugendstrafrecht. Ein weiterer Schwerpunkt meiner Tätigkeit in unserer Anwaltskanzlei ist Verkehrsrecht.