Punkte in Flensburg: Ist Punkte auf sich nehmen strafbar?
In der täglichen Praxis als Anwalt, der in Verkehrs- und Strafsachen tätig ist, wird man immer wieder gefragt, ob der Punktehandel, also Punkte in Flensburg für einen anderen zu übernehmen, strafbar sei. Folgende Fallkonstellation ist mir hierbei vor kurzem untergekommen:
Eine Mandantin, nennen wir sie mal T, wurde wegen zu schnellem Fahren geblitzt. Das Problem bei T ist, dass sie schon einige Punkte in Flensburg hat und ihr deshalb Führerscheinmaßnahmen drohen. T will deshalb dafür sorgen, dass ihre Mutter, nennen wir sie M, die Punkte auf sich nimmt, obwohl sie nicht die Fahrerin war. Sie bespricht sich deshalb mit M. M billigt diese Vorgehensweise. Im Anhörungsbogen, den T erhalten hat, gibt sie deshalb M wahrheitswidrig als Fahrerin an. Kurz darauf ergeht ein Bußgeldbescheid gegen M. M zahlt das Bußgeld, im Verkehrszentralregister in Flensburg erfolgt ein entsprechender Eintrag mit der entsprechenden Punktezahl. Haben sich M und T strafbar gemacht?
1.) Zunächst könnte man an eine Strafbarkeit nach § 271 StGB wegen mittelbarer Falschbeurkundung denken, denn schließlich erfolgt ein Eintrag im Register bezogen auf M, obwohl diese keinen Verkehrsverstoß begangen hat. Voraussetzung für eine Strafbarkeit nach § 271 StGB wäre allerdings, dass es sich bei dem Flensburger Register um ein „öffentliches Register“ handelt. Dies ist jedoch nicht der Fall. Bei dem Register in Flensburg handelt es sich um ein behördeninternes Register und somit gerade nicht um ein öffentliches Register.
2.) Es liegt in der von mir geschilderten Fall-Konstellation allerdings eine Straftat wegen falscher Verdächtigung gem. § 164 StGB vor. Denn dadurch, dass T im Anhörungsbogen wahrheitswidrig M als Fahrerin angab, bezichtigte sie M bei einer Behörde wider besseren Wissens einer rechtswidrigen Tat. Dies wird mit Freiheitsstrafen von bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Ich habe daher der T mitgeteilt, dass sie sich in dieser Hinsicht tatsächlich strafbar gemacht hat.
Allgemein gilt, dass man als betroffener Autofahrer niemals wahrheitswidrig eine Person als Fahrer angeben sollte. Das Risiko hierbei ertappt zu werden ist groß. Man sollte auch keinesfalls den Ermittlungsehrgeiz mancher Sachbearbeiter unterschätzen, die natürlich derartiges, rechtswidriges Handeln strikt unterbinden wollen.
Bei einer Recherche im Internet bin ich auf eine interessante Konstellation gestoßen. Deshalb möchte ich den obig skizzierten Fall wie folgt abändern:
T erhält den Anhörungsbogen. Da T noch zu Hause bei M wohnt, öffnet M im allgemeinen Einverständnis mit der T täglich die Post. M entdeckt, dass T wieder einmal zu schnell gefahren ist und füllt ohne Rücksprache mit T den Anhörungsbogen aus. Im Anhörungsbogen bezichtigt sie sich selbst als betroffene Fahrerin ohne dies der T mitzuteilen. Kurz darauf ergeht gegen M ein Bußgeldbescheid mit den entsprechenden Folgen. M erhält im Verkehrszentralregister einen Eintrag inklusive Punkte.
Bei dieser Variante liegt eine Strafbarkeit nach § 164 StGB nicht vor, da sich M – ohne Beteiligung der T – selbst falsch bezichtigt hat. Eine derartige falsche „Selbstbezichtigung“ ist straflos.
Das Kraftfahrtbundesamt hat vor etlichen Jahren dem Punktehandel bzw. der Punkteübertragung den Kampf angesagt und ca. 60 Strafanzeigen, insbesondere im Hinblick auf § 271 StGB, gestellt. Zu entsprechenden Strafen kam es allerdings aus den oben genannten Gründen nicht. Seitdem hat man nichts mehr von irgendwelchen Vorstößen in diese Richtung gehört. Es verbleibt somit bei einem nicht geschlossenem Schlupfloch.
Als Fachanwalt für Strafrecht bin ich insbesondere für die Rechtsgebiete Betäubungsmittelstrafrecht, Kapitalstrafrecht, Wirtschaftsstrafrecht, Verkehrsstrafrecht, Ordnungswidrigkeitenrecht und Jugendstrafrecht ein kompetenter Ansprechpartner, der Ihnen zu Ihrem Recht verhilft. Ein weiterer Schwerpunkt meiner Tätigkeit in unserer Anwaltskanzlei ist Verkehrsrecht.