Die ausländerrechtliche Verwarnung: Sieg auf Zeit?
Die meisten Mandanten im Ausländerrecht erscheinen in der Kanzlei nachdem Sie ein Schreiben der zuständigen Ausländerbehörde erhalten haben indem Sie darauf hingewiesen werden, das die Behörde aufenthaltsbeendende Maßnahmen prüfe. Das Schreiben setzt zudem eine Frist zur Anhörung (Art. 28 BayVwVfG).
Im Klartext bedeutet dies: es droht die Ausweisung!
Zunächst einmal ist es wichtig die Frist einzuhalten oder sie rechtzeitig verlängern zu lassen! Da die Ausländerbehörde oftmals nach Ermessen entscheidet, ob eine Ausweisung erforderlich ist, sollte in dem Antwortschreiben ausführlich zur Person, den Lebensumständen und den Ausweisungsgründen Stellung genommen werden. Sollte sich der Betroffene nicht innerhalb der Frist äußern, so wird das Verfahren fortgesetzt. Die Wahrscheinlichkeit einer Ausweisung steigt.
Sofern man, womöglich mit anwaltlicher Hilfe und nach erhaltener Akteneinsicht, Stellung genommen hat, heißt es abwarten. Die Behörde wird nun abwägen und eine Entscheidung treffen.
Eine der möglichen Entscheidungen ist die ausländerrechtliche Verwarnung. Die Ausländerbehörde nimmt hierbei ausdrücklich Abstand von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen. Insoweit ist dies also ein erfreulicher Ausgang der Angelegenheit. Bei der Verwarnung handelt es sich um einen bloßen Hinweis ohne Verwaltungsaktqualität, auf eine mögliche Reaktion der Ausländerbehörde hinsichtlich eines bestimmten künftigen Verhaltens des Ausländers.
Aber Vorsicht. Die Verwarnung hat noch eine andere Wirkung. Sie „konserviert“ sozusagen den Ausweisungsgrund für ein späteres Verfahren. Ein Ausweisungsgrund kann dem Ausländer über vier Jahre seit beispielsweise einer Verurteilung nicht mehr entgegengehalten werden. Er ist nicht mehr aktuell und damit verbraucht. Auf einen verbrauchten Ausweisungsgrund kann eine Ausweisung nicht gestützt werden. Sobald die Ausländerbehörde Kenntnis vom Vorliegen eines Ausweisungsgrundes erlangt, muss sie umgehend von Amts wegen eine Ausweisung prüfen und ein Ausweisungsverfahren zügig einleiten und durchführen. Sieht die Ausländerbehörde zunächst von einer Ausweisung ab, muss sie den Ausländer unterrichten und „verwarnen“, will sie sich den Ausweisungsgrund für eine spätere Entscheidung über den Aufenthalt vorbehalten.
Wenn nämlich die Ausländerbehörde erneut über die Erforderlichkeit einer Ausweisung zu entscheiden hat, so kann Sie diesmal argumentieren, dass keine mildere Maßnahme zur Verfügung steht, die in gleicher Weise wie die Ausweisung zwecktauglich sind, da das mildere Mittel der ausländerrechtlichen Verwarnung schon verbraucht wurde. Im Fall einer strafrechtlichen Verurteilung würde dem Ausländer dann vorgeworfen, dass er trotz der Verwarnung erneut straffällig geworden ist.