Wer kennt nicht die vorwiegend auf Baustellen angebrachten Hinweisschilder die besagen: „Betreten verboten! Eltern haften für ihre Kinder.“ Doch trifft diese Aussage tatsächlich so uneingeschränkt zu? Richtig ist, dass gem. § 832 BGB grundsätzlich eine Haftung der Eltern bei einer Verletzung der Aufsichtspflicht besteht. Eltern haften daher nicht für jeden Schaden den ihre Kinder verursachen, vielmehr bedarf es einer Verletzung der elterlichen Aufsichtspflicht.
Die Eltern haften nicht, wenn der Aufsichtspflicht genüge getan wurde oder wenn der Schaden auch bei gehöriger Aufsichtsführung entstanden wäre. Häufig stellt sich daher die Frage, wie weit die Aufsichtspflicht der Eltern geht.
Mit einem solchen Fall hatte sich nun das Amtsgericht Augsburg zu befassen. In einem Supermarkt ließ ein Vater sein dreijähriges Kind frei herumlaufen. Nach Angaben der späteren Klägerin, einer 75-jährigen Rentnerin, sei ihr das Kind von hinten in die Beine gelaufen, als sie sich gerade eine Zeitung holen wollte. Daraufhin stürzte die Rentnerin, wodurch sie u.a. einen mehrfachen Bruch des Oberarmes erlitt. Das Amtsgericht wies die Klage der Rentnerin auf Zahlung eines Schmerzensgeldes von 5.000,00 € ab. Eine Verletzung der elterlichen Aufsichtspflicht habe sich nach Ansicht des Gerichts nicht bestätigt. Ein dreijähriges Kind dürfe sich in einem Supermarkt grundsätzlich frei bewegen. Es ist nicht zumutbar und erforderlich, das Kind während des gesamten Einkaufs im Einkaufswagen sitzen zu lassen oder an der Hand zu führen. Es wäre ausreichend, dass sich das Kind in Sicht- und Hörweite befinde.
Dieses Urteil zeigt, dass die pauschale Behauptung „Eltern haften für ihre Kinder“ so nicht zutreffend ist.
Amtsgericht Augsburg Pressemitteilung 10/17